(c) Maria Vaorin | photocase.de
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Die 5 Phasen eines Konflikts

Ist eine Schlägerei erst einmal in Gange, ist es für den Schüler fast unmöglich ohne Hilfe aus dem Konflikt auszusteigen. Andere Schüler halten die Kontrahenten vielleicht mit Gewalt auseinander. Ein Lehrer muß einschreiten, dem es je nach Gewaltpegel an der Schule gelingt, dort einzugreifen. Auch Streitschlichtung oder sogar eine Versöhnung ist ohne Beistand von außen kaum mehr zu leisten.

Doch eine Schlägerei entsteht nicht aus dem Nichts heraus: Jeder Streit eskaliert in mehreren Phasen.

Phase 1

Schimpfwörter sind Gang und Gebe auf vielen Schulhöfen. Man denkt sich nichts dabei und denkt vielleicht sogar noch: „Das ist doch nur Spaß“. „Wie ein Unsinniger, der mit Geschoss und Pfeilen schießt und tötet, so ist ein Mensch, der seinen Nächsten betrügt und spricht: »Ich habe nur gescherzt.«“ heißt es dazu in den Sprüchen der Bibel. (Spr 26, 18+19). Unzählige Geschosse fliegen Tag für Tag auf Schulhöfen um die Ohren der Schüler. Bis eines trifft und sich ein Streit entzündet…

Wer versteht, dass Schimpfwörter keinesfalls harmlos sind, sondern der Einstieg zu einer handfesten Schlägerei sein können, der wird sich überlegen, ob er etwas sagt, was er vielleicht noch nicht einmal so meint. In dieser Phase eines Konfliktes ist es am einfachsten auszusteigen, indem man entweder gar nicht erst ein Schimpfwort benutzt oder indem man die Notbremse zieht, wenn man merkt, daß ein Schimpfwort getroffen hat.

Im @home sehen wir keine Notwendigkeit für Schimpfwörter und haben eine Null-Toleranz-Regel gegen Schimpfwörter. Probieren Sie es aus: Wenn Sie konsequent sind, werden Sie durchaus erleben, dass man so etwas durchsetzen kann. Und vielmehr: Wieviel entspannter die Atmosphäre auf Dauer wird.

Und nebenbei: Eines der Hauptsäulen guter Pädagogik besteht darin, Kinder zu ermutigen und Gutes über sie auszusprechen. Lassen Sie nicht zu, dass dumme Worte diese Säule immer wieder attackieren. Geben Sie Kindern einen Schutzraum, indem sie ermutigt aufwachsen können!

(C) Isabel Abedi | Silvio Neuendorf<br />
Blöde Ziege, Dumme Gans | ars edition
(C) Isabel Abedi | Silvio Neuendorf<br />
Blöde Ziege, Dumme Gans | ars edition

Phase 2

Es geht immer noch um Worte, aber jetzt wird das Gegenüber in einer konkreten Sache beleidigt. Nach einem „Du Blödmann“ werden jetzt vielleicht Aussehensmerkmale lächerlich gemacht oder das, was der andere gemacht. Da die wenigsten Menschen sich wirklich sicher über sich selber sind, über ihre Aussehen und ihr Können, wird so eine Aussage sehr schnell zu einem Geschoss mit Widerhaken. Und gerade weil das Gegenüber sich unsicher ist, muß es jetzt zum Angriff übergehen.

Phase 3

Jetzt wird sich das Nächstliegende geschnappt und wutentbrannt daran gezerrt: die Jacke, die Federtasche, das Schulheft, der Ranzen. Vielleicht ohne den Willen es kaputt zu machen, wird es auf den Boden geschmissen, ausgeschüttet, zerrissen und dann ist es doch passiert und etwas ist beschädigt worden.

(C) Isabel Abedi | Silvio Neuendorf Blöde Ziege, Dumme Gans | ars edition
(C) Isabel Abedi | Silvio Neuendorf Blöde Ziege, Dumme Gans | ars edition

Phase 4

Jetzt kommt es zu einem ersten Gerangel und je nach der Wut, die im Bauch steckt, artet es zu einer handfesten Schlägerei aus.

Phase 5

Irgendwann ist auch der größte Streit vorbei, aber das Ende ist nicht der „Sieg“, der „Verlust“ oder der „Kompromiß“: In den meisten Fällen ist es die Einsamkeit. Es sind ja die Menschen, die uns nahe stehen, die uns am meisten verletzen können und ein Konflikt entsteht oft gerade unter Schulkameraden oder Freunden. Am Ende eines Konflikts hat man sich selbst ins Abseits gestellt und riskiert einen Freund zu verlieren.

(C) Isabel Abedi | Silvio Neuendorf Blöde Ziege, Dumme Gans | ars edition

Können Sie sich eine solche Eskalation vorstellen, ohne dass dabei geredet wird und ohne dass massenhaft Schimpfwörter um die Ohren geschlagen werden? Wieviel Dynamik kann man aus Konflikten nehmen, wenn es gelingt, Schimpfwörter zu reduzieren!

Eine Auseinandersetzung muß nicht zwanghaft in diesen 5 Phasen eskalieren. Sicherlich der andere hat einen vielleicht beleidigt, aber es ist immer noch die eigene Entscheidung, wie man darauf reagiert. (siehe Part 1). Ziel dieses Seminarteiles ist es, den Schülern bewußt zu machen, dass ein Konflikt immer in mehreren Phasen eskalieren kann und dass sich auf jeder Stufe dafür entscheiden können für eine Steigerung oder gegen eine Steigerung der Aggressionen entscheiden können.

Vielleicht sind an einigen Schulen diese Phasen nicht mehr erkennbar und fast jeder Konflikt artet schnell in eine Schlägerei aus. Dort sind die 5 Phasen auch geschehen, nur viel früher. Vielleicht hat sich über Jahre ein Klima der alltäglichen Schimpfwörter und Demütigungen entwickelt, dass man ständig schon in Phase 3 oder 4 ist. Sicherlich sind Lehrer und Schüler dann schon in gewissen Verhaltensreaktionen gefangen. Aber warum sollte man nicht professionelle Hilfe von außen in Anspruch nehmen und den „Dauerkonflikt“ zu deeskalieren. Vielleicht beginnt man in den neuen fünften Klassen damit, konsequent Konfliktschlichtungsmethoden zu trainieren und kann so über Jahre das Klima an einer Schule wieder verändern?

Oder vielleicht haben Sie kaum körperliche Gewalt, aber viele Sachbeschädigungen. Dann befindet sich Ihr „Schulaggressionshöchstpegel“ vielleicht noch in Phase 4. Nutzen Sie die Zeit, die Ihnen verbleibt, um eine weitere grundsätzliche Eskalation zu vermeiden!

 

Die Illustrationen sind Ausschnitte aus dem Buch Blöde Ziege – Dumme Gans von Abedi | Neuendorf. Dieses beste „Fachbuch“ zu diesem Thema zeigt die 5 Phasen eines Konfliktes auf anschauliche Weise.

Die Fotos stammen von Maria Vaorin | photocase.de

Stundenentwürfe

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